Veranstaltung: | 1. LMV GJ BB 2016 |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Martin Wandrey |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 09.03.2016, 14:35 |
A-04: Schluss mit den dreckigen Braunkohlemärchen - Der Lausitz eine Perspektive geben
Antragstext
Die Grüne Jugend Brandenburg fordert alle Pläne zum Ausbau der
Braunkohletagebaue sofort zu verwerfen und einen schnellstmöglichen Ausstieg.
Spätestens am 01.01.2020 müssen alle bestehenden Tagebaue und Kraftwerke ihre
Arbeit einstellen.
Forschungsprojekte zu CCS müssen sofort eingestellt werden. Die Technologie ist
nicht zukunftsfähig und mit unkalkulierbaren Risiken verbunden.
In der Lausitz muss endlich ein Strukturwandel einsetzen. Die Landesregierung
muss dabei treibende Kraft sein und Förderinstrumente schaffen, um insbesondere
jungen Menschen in der Region eine Perspektive zu geben.
Es darf keine indirekten Subventionen mehr für die Braunkohlebranche geben. Die
Befreiung von Förderabgabe und Abgaben zur Grundwasserentnahme müssen fallen.
Die Betreiber der Tagebaue, Vattenfall und/oder sein potentieller Nachfolger,
müssen langfristig verpflichtet werden, die Kosten für die
Bergbaufolgelandschaften allein zu tragen. Es darf nicht dazu kommen, dass wie
in der Vergangenheit die öffentliche Hand durch die Hintertür die Folgekosten
trägt.
Klimaschutz muss den Stellenwert bekommen, den er in dem Bundesland mit den
höchsten pro-Kopf-Emissionen dringend braucht. Erneuerbare Energien müssen ohne
Wenn und Aber gefördert werden. Bis zum Jahr 2025 soll Brandenburg zu 100 % mit
Strom aus regenerativen Quellen versorgt werden.
Die vom Braunkohletagebau geschädigten Ökosysteme brauchen besonderen Schutz.
Wenn irreparable Schäden aufgetreten sind, müssen die verantwortlichen
Unternehmen neue Ausgleichsflächen schaffen und dem Naturschutz übergeben.
Begründung
Das verbindlich festgeschriebene 2 Grad-Ziel muss in Taten umgesetzt werden. Wir müssen vor unserer eigenen Haustüre kehren. Kein Energieträger in Deutschland ist klimaschädlicher als Braunkohle. Nichts mit sicherer, heimischer Energie. Braunkohle ist Gift für Mensch und Natur.
Die Braunkohlekraftwerke der Lausitz lassen jedes Jahr, neben den fast 36 Mio. t CO2, 524 kg hochgiftiges Quecksilber auf uns niederregnen. Das Trinkwasser ist bedenklich und mit dramatisch steigender Tendenz sulfatbelastet. Das merken sogar schon die im fast 200 km entfernten Berlin lebenden Menschen. Das Naturdesaster Braune Spree ist Fakt und vernichtet Ökosysteme für mehrere Jahrzehnte. Selbst wenn jetzt die Förderung eingestellt werden würde, ist nicht absehbar bis wann die Belastung anhalten wird und welche irreparablen Schäden an Flora und Fauna sie zur Folge haben wird.
Zwar ist der Kohleverbrauch seit der Wende deutlich gesunken, aber die jetzige Landesregierung hält immer noch an ihren antiquierten Ansichten einer vermeintlich zukunftsträchtigen Energieversorgung fest.
Dank der „heimischen“ Energie hat Brandenburg mit 23,4 t pro Einwohner die höchsten Prokopfemissionen bundesweit. 64 % der CO2-Emissionen Brandenburgs gehen auf das Konto der Braunkohle.
Die Bergbaufolgelandschaften die mit Milliardenbeträgen aus der Staatskasse in vermeintliche Erholungsoasen verwandelt wurden, können nicht über die Verwüstung der Kultur- und Naturlandschaft hinwegtäuschen. 18.000 ha sind heute in der Lausitz Sperrgebiet. Immer wieder kommt es zu Rutschungen und Stürzen, die die gesamte Region destabilisieren. Es ist vollkommen unverständlich wie die Landesregierung bei diesem aktuellen Lagebild auch nur darüber nachdenken kann die Braunkohle weiter am Leben zu lassen und zu subventionieren. Absehbar ist, dass auch in Zukunft das Land auf den Ewigkeitskosten der Braunkohleförderung sitzen bleiben wird. Für die Renaturierung der Braunkohletagebauten in Ostdeutschland musste die öffentliche Hand seit den 1990er-Jahren fast 10 Mrd. € aufwenden, 2015 hatte Vattenfall gerade einmal Rückstellungen von 1,1 Mrd. € für seine Tagebauten vorgesehen.
Zwar hatte die ostdeutsche Braunkohle nie das Glück eines Kohlepfennigs, aber seit Jahrzehnten wird sie nach Kräften subventioniert und mit Gesetzesausnahmen gehätschelt und gepäppelt. Anfangs nur um einen nachhaltigen Strukturwandel in der Lausitz zu unterbinden, seit einiger Zeit mit dem fadenscheinigen Ziel einer heimischen Versorgungssicherheit. Neben indirekten Subventionen, wie z.B. der Befreiung von Wasserentnahmegebühren, trägt die Braunkohle nicht ihre Klimafolgekosten. Nebelkerzen wie die von der Landesregierung seit Jahres propagierte CO2-Speicherung (CCS – Carbon Capture and Storage), machen die Kohle nicht grüner, aber die Langzeitfolgen noch unabsehbarer.
Braunkohle ist überhaupt nicht Energiewende kompatibel. Die gesamte Infrastruktur ist träge und hat hohe Fixkosten. Mit einer abzusehenden Implementierung eines schlagkräftigeren Emissionshandels wird sie auf kurz oder lang der teuerste Teil im Energiemix werden. Sie wird politisch nur dazu genutzt, um eine vollkommen verfehlte Wirtschafts- und Strukturpolitik im Süden Brandenburgs zu kaschieren.
Die Braunkohleanrainer Brandenburg und Sachsen erzeugen momentan weit mehr Energie als sie selbst benötigen. 50 % des in Brandenburg erzeugten Stroms wird nicht hier verbraucht. Braunkohle ist ein Relikt alter, zentraler Energieversorgung. Versorgungssicherheit ist dabei nur ein alter Hut, selbst die Energiestrategie der Landesregierung hält eine Umstellung auf 100 % Erneuerbare für möglich. Die Aufrechterhaltung der Kohleindustrie in der Lausitz dient primär der Erfüllung von Profitinteressen von Vattenfall und seinen potentiellen Nachfolgern. Es ist ein schmutziger Deal um immer weniger Arbeitsplätze zu immer höheren Kosten für alle Menschen.
Die Braunkohle ist kein Jobmotor. Sie ist der einzige Arbeitsplatztropf in einer seit Jahrzehnten vernachlässigten Region. Die Präsenz der Braunkohleindustrie hat dazu geführt, dass der dringend benötigte Strukturwandel und Investitionen in die Regionen Jahrzehnte verschlafen wurde und man sich auf dem vermeintlichen sicheren Dampfer Kohle ausgeruht hat. Waren zu DDR-Zeiten tatsächlich große Teile der Bevölkerung in der Kohle tätig, sank ihre Zahl nach Wende dramatisch. Von fast 80.000 1989 in der Kohle beschäftigten sind heute nur etwas mehr als 8.000 noch da. Schon heute sind mit über 12.000 Menschen mehr in den Erneuerbaren in Brandenburg tätig, Tendenz stark steigend. Auch die Lausitz bekommt ihren Teil vom Kuchen ab, mit der langjährigen energietechnischen Expertise in der Region, haben sich viele Unternehmen dort angesiedelt, bzw. neue, zukunftsträchtige Märkte erschlossen.
Trotz wiederholter Zusicherung ist es bisher keiner Regierung gelungen, ein auch nur ansatzweise zukunftsfähiges und praktikables Konzept für eine neue Lausitz vorzustellen. Immer wieder wurde versichert, dass das Ende der Braunkohle bald kommen würde, dass Horno das letzte Dorf sei welches weggebaggert würde. Und doch haben es die SPD geführten Landesregierungen immer wieder getan, sind immer wieder von der einfallslosen Politik der Vorjahre eingeholt worden, sind immer wieder die Menschen in Brandenburg getäuscht. Der Strukturwandel muss jetzt beginnen!
Auch die sich immer noch an die Industrie klammernden Gemeinden und Kreise werden zunehmend weniger von der Kohlenbranche haben. Neben der Halbierung der Arbeitsplätze in der Branche bis 2030, werden sich die Steuereinnahme sogar laut Landesregierung von 40 auf 25 Mio. € fast halbieren.
Seit Beginn der großindustriellen Kohleförderung in der Lausitz haben fast 80.000 Menschen ihr zu Hause verloren und wurden zwangsumgesiedelt, ein großer Teil davon Menschen der ohnehin schon gebeutelten Minderheit der Sorb*innen. 136 Orte haben sich in schwarze Löcher in der Landschaft verwandelt.
Der Grünen Jugend Brandenburg ist es komplett egal wer die Tagebauten betreibt. Hauptsache die Kohle bleibt im Boden, die Kraftwerke werden vom Netz genommen und die Industrie trägt die Folgekosten selber. Enttäuscht sind wir über die Inkonsequenz von Vattenfall sich zwar vom dreckigen Kohlegeschäft auf dem Weg zur nachhaltigen Energieversorgung zu trennen, aber sich selber nicht um die Altlasten zu kümmern die sie hinterlassen. Im bisherigen Bieterprozess scheinen Nachhaltigkeitskriterien und ein Fahrplan aus der Kohle auch keinerlei Rolle für Vattenfall zu spielen.
Würde jetzt schon mit offenen Karten gespielt werden und die Landesregierung klarmachen, dass die Betreiberin der Kohleinfrastruktur verpflichtet wäre alle Folgekosten zu tragen, könnte die Branche wohl sofort abgewickelt werden. Aber die Landesregierung spielt sich immer noch als Stütze der dreckigen Energiebranche auf, auf Kosten aller Menschen in Brandenburg.
Brandenburg muss es schaffen den Energieverbrauch nachhaltig zu reduzieren. Jetzt in effiziente Maßnahmen zu investieren bedeutet höhere Energiepreise in Zukunft zu umgehen und Klima und Mensch vor den realen Gefahren fossiler Energieträger zu schützen.
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